Lizard Point ist der südlichste Punkt Englands und gehört zu den absoluten „must haves“ für Landschaftsfotografen. Der Witz ist, dass dieser Ort in Cornwall zwar in zig Magazinen weltweit verewigt ist, die Kulisse dort aber so unglaublich facettenreicht ist, dass trotzdem jeder seine eigene Perspektive finden und damit sein „eigenes“ einzigartiges Bild mitnehmen kann. Das Angebot reicht von steil ins Meer abfallenden Klippen, über Leuchttürme, bis hin zu einem alten aufgelassenen Bootshaus der Royal National Lifeboat Institution. Was den Flair dieses Orts zusätzlich ausmacht ist die Tatsache, dass sich unter der Wasseroberflächein diesem Gebiet zahlreiche versunkene historische Schiffswracks befinden, untergegangen durch Naturkatastrophen und in Kriegszeiten.
Als ich dort ankam führte mein Weg gleich zu Beginn an den Steilklippen vorbei. Tatsächlich befand ich mich erst auf den Klippen, der Weg führte dann aber zur rechten Seite um die Klippen herum, bis ich zu einem Vorsprung kam, von dem aus ich einen ausgezeichneten Blick auf die Felswände hatte, auf welchen ich vorher noch oben gestanden war. Als ich diese Szene sah, hatte ich sofort ein fertiges Bild im Kopf – Klippen, die steil abfallend in die raue See ragen und von möglichst viel Brandung und Gischt umgeben sind. Das wollte ich in einem Bild festhalten. Das Problem war nur, dass der Seegang dafür zu ruhig war. Das heißt, die Klippen waren vorhanden, steil waren sie auch und die See war zumindest nicht glatt und bot immer wieder größere Wellen an. Jedoch die allumfassende Gischt fehlte, die Wucht der Brandung war nicht wirklich sichtbar. Sie war aber essentiell für die Dynamik im Bild, das ich mir vorstellte. Also beschloss ich, der Natur hier mit Adobe Photoshop nachzuhelfen.

Um dem Wind wenig Angriffsfläche zu geben, positionierte ich die Kamera möglichst nahe am Boden auf dem Stativ und zielte auf mein Motiv.
Ich wollte aber nicht künstliche Gischt in mein Foto hineinretuschieren, das hätte dem Bild in meiner Vorstellung in diesem Fall zu viel von dessen Natürlichkeit genommen. Nein, um die Kraft des Meeres abzubilden, bediente ich mich eines anderen Tricks. Ich entschloss mich, möglichst viele Bilder mit Gischt von ein und derselben Szene zu sammeln, sie später in Photoshop übereinanderlegen und zu einem einzigen Bild zu kombinieren. Dazu musste ich die Bilder aber zunächst einmal einfangen. Ich setzte die Kamera auf ein Stativ und wählte einen passenden Bildausschnitt mit Fokus auf den Übergang von Felsen und Meer. Dann drückte ich jedes Mal auf den Auslöser, wenn eine Welle auf einen Felsenteil in der Szene prallte und auf diese Weise Gischt erzeugte.
Einstellungstipp
Wenn ihr das selbst ausprobieren wollt, achtet darauf, dass ihr mit eurer Kamera im manuellen Modus auf einem Stativ fotografiert. Das ist wichtig, damit ihr die Bilder in der Nachbearbeitung übereinander legen könnt. Nachdem ihr den gewünschten Bildausschnitt gewählt habt, stellt auf eurer Kamera die Blende (für Landschaftsaufnahmen mindestens Blende 8, um ein durchgehend scharfes Bild zu erhalten), die Verschlusszeit (in diesem Fall wählte ich 1/1000 Sekunde, um die Wasserspritzer in der Bewegung einzufrieren) und den ISO (einen möglichst niedrigen Wert für rauschfreie Bildqualität, bei mir war es ISO 200) ein. Danach stellt ihr die Schärfe manuell am Objektiv ein und drückt jedes Mal ab, wenn ein Objekt im Bild auftaucht, das im fertigen Ergebnisbild vorhanden sein soll. Verwendet dazu einen kabelgebundenen oder drahtlosen Fernauslöser, um Verwackelungen, die allein durch das Betätigen des Auslöserknopfs im Bild entstehen können, zu vermeiden. Der Wind ist meist eine weitere Komponente, die für zusätzliche Verwackelungen sorgt. Diese lassen sich aber recht einfach nachträglich in Photoshop beim Übereinanderlegen der Bilder ausgleichen (darauf gehe ich gleich noch ein). Fotografiert übrigens auch möglichst im RAW Format – das ist eine Art digitales Negativ und damit die Voraussetzung für eine sinnvolle Nachbearbeitung von Bildern, weil dieses Format eine Unmenge an Bildinformation speichert.
Bildbearbeitung
Die Standard-Entwicklung meiner Bilder nehme ich immer in Adobe Lightroom vor, um grundsätzliche Belichtungs- und Farbanpassungen zu machen. Ich importierte alle Bilder und wählte die aus meiner Sicht 18 besten Bilder dieser Serie aus. Diese exportierte ich über den Dialog „in Photoshop als Ebenen öffnen“ in Photoshop. Dadurch öffnete sich ein neues Photoshop-Dokument, das bereits alle ausgewählten 18 Bilder als Ebenen übereinandergelegt beinhaltete.

Das sichtbare Basisbild mit den darunter liegenden weiteren 17 Bildern/Ebenen.
Bevor ich mit der Bildretusche beginnen konnte, musste ich nun noch dafür sorgen, dass die Bilder exakt übereinandergelegt waren, denn der Wind hatte dazu geführt, dass der Bildausschnitt sich bei jedem Bild geringfügig verändert hatte. Dafür markierte ich alle Ebenen und legte die Ebenen über den Dialog „Bearbeiten / Ebenen automatisch ausrichten“ perfekt übereinander. Nun konnte ich mit der eigentlichen Bildbearbeitung beginnen.

Die schwarze Maske verbirgt die oberste Ebene, die darunter liegende bleibt sichtbar.
Mit Ebenen in Photoshop verhält es sich so, dass das obere Bild (also die obere Ebene) immer alle darunterliegenden Bilder verdeckt. Um nun Bilder aus verschiedenen Ebenen miteinander zu kombinieren, verwendet man sogenannte Ebenen-Masken. Legt man für eine Ebene eine Maske an, dann lässt sich diese Maske wie eine Schablone verwenden, um bestimmte Bildbereiche dieser Ebene entweder zu verdecken oder sichtbar zu machen. Füllt man die Ebenen-Maske mit Schwarz, werden alle Inhalte dieser Ebene unsichtbar – und das Bild auf der darunter liegenden Ebene kommt zum Vorschein. Malt man nun an bestimmten Stellen mit Weiß in die schwarze Maske, dann wird genau dieser Teil des Bildes bzw. der Ebene wieder sichtbar. Auf diese Weise ist es möglich, ausgesuchte Bildelemente einer übergeordneten Ebene in eine darunterliegende Ebene „hineinzumalen“.

Weiße Farbe auf der schwarzen Maske (roter Kreis rechts) macht die Gischt am Felsen im Vordergrund sichtbar und fügt so ein zusätzliches Action-Element in die Szene ein.
Aus meinen 18 Ebenen wählte ich eine Ebene als Basisbild, in das ich verschiedene Teile der anderen Bilder wie z.B. Gischt an anderen Felsen als im Basisbild, Möwen im Flug oder auf dem Felsen, etc. hineinmalen wollte. Da ich nur ein einziges Bild mit Segelboot in der Serie hatte, wählte ich dieses kurzerhand als Basisebene aus. Danach verschob ich eine Ebene nach der anderen über meine Basisebene, erstellte dabei für jede Ebene eine schwarze Ebenen-Maske und malte auf dieser mit einem weißen Pinsel nur die jeweils interessantesten Stellen sichtbar. Am Ende erhielt ich ein finales Bild voll Brandung, Gischt und herumfliegenden Möwen. Mit Hilfe von Photoshop konnte ich ein Maximum an Action und Bewegung in einem einzigen Bild zusammenführen.

Das Ergebnisbild mit jenen markierten Elementen, die von anderen Ebenen in das Basisbild hineinretuschiert wurden.
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