Shooting in Action – Tipps und Tricks rund um Fotografie und Bildbearbeitung auf Einstellungssache. Teil 4 der Serie "Mit der Kamera entlang Englands Südküste" Credit: Michael W. MürlingAm 3. Tag unserer Reise überlegten wir uns beim Frühstück unsere nächsten Stationen. Wir würden an diesem Tag südwestlich durch den Dartmoor National Park fahren und wollten daher auch dort Station machen. Unsere charmante Vermieterin Sandy bemerkte unser Planungsgespräch und bot uns sofort ihre Unterstützung. Es entstand eine nette Unterhaltung und wir erzählten Sandy, dass wir vorhatten, den südwestlichsten Punkt Englands zu erreichen – „Lands End“. Sandy riet uns aber davon ab – ihrer Erfahrung nach sei der Punkt ein immenser Touristen-Hotspot, an dem wir es schwer haben würden, schöne Stellen für unsere Fotografie zu finden. Stattdessen empfahl sie uns, Lizard Point zu besuchen. Ebenfalls ein wunderschöner Küstenabschnitt, aber etwas weitläufiger und auch relativ weit westlich. Wir entschieden uns auf ihren Rat zu hören und im Zuge unserer Route Lizard Point anzusteuern.

Nach einem hervorragenden Frühstück packten wir unsere Sachen ins Auto, verabschiedeten uns von Sandy und machten uns auf den Weg in Richtung Nationalpark. Wie immer legten wir die Fahrt so flexibel wie möglich an. Uns war auf der Karte aufgefallen, das es unweit von der Einfahrt in den Nationalpark ein Schloß mit dem Namen Castle Drogo geben musste. An dieser Stelle möchte ich gleich vorwegnehmen, dass sich ein Besuch des Schlosses für FotografInnen absolut NICHT auszahlt! Um das Warum zu verstehen, lasst mich kurz darauf eingehen.

Das unsichtbare Schloss

Die Beschreibung des Schlosses  in unserem Reiseführer, als auch online, versprach ein ansehnliches Bauwerk, umgeben von einer großflächig angelegten englischen Gartenanlage. Da kein großer Umweg von unserer Route aus dorthin notwendig war, beschlossen wir, das Schloss zu besuchen. Wir gingen davon aus, ein stattliches Motiv, umgeben von der wunderschönen englischen Landschaft vorzufinden. Zwar verschlechterte sich das Wetter auf dem Weg dorthin zunehmends, aber dann würde es halt ein dramatisches Bild vor dunkler Wolkenkulisse werden. Doch bereits auf der Fahrt dorthin beschlich uns ein merkwürdiges Gefühl – denn, obwohl wir immer näher kamen, war weit und breit kein Schloss zu sehen. Selbst als wir schließlich eine gekennzeichnete „Schlosseinfahrt“ hinauffuhren, eine breite Schotterstraße zwischen Reihen grüner Sträucher und Bäume, war weit und breit kein Bauwerk  zu entdecken. Schließlich kamen wir am Schlossparkplatz an. Und auch hier – nichts (!) von einem Schloss oder einer Burg zu erkennen. Unter einer Baumreihe, die den Beginn eines Walds markierte, lag der Eingang zu einem Touristenzentrum. Auf dem Weg links und rechts davon gab es Hinweise auf das Schloss und den Garten. Aber auch hier sehr merkwürdig – keine Bilder, auf welchen das Schloss in seiner Gesamtheit zu sehen war, außer einigen Detail-Nahaufnahmen.

Castle Drogo

OK, dachten wir uns, dann wird es wohl ein recht weitläufiges Areal sein und das Schloss erst weiter hinten nach dem Wald auftauchen. Doch, um tiefer in den Wald zu gehen, mussten wir durch das Touristenzentrum gehen, und das war nur gegen teures Eintrittsgeld möglich. Hier glaube ich mich zu erinnern, dass wir das erste Mal überlegten, ob wir weitergehen sollten. Aber unser naiver Optimismus trieb uns weiter, also zahlten wir ein „günstigeres“ Gartenticket, denn wir wollten ja eine Außenaufnahme vom Schloss machen und nicht die Räumlichkeiten des Schlosses selbst fotografieren – dazu hätten wir auch keine Zeit gehabt.

Nach 10 Minuten Fußmarsch erreichten wir die Gartenanlage, die stufenweise von oben nach unten angelegt war. Den Garten gab es also wirklich, doch wenn ich jetzt ein klein wenig übertreibe, dann sieht selbst die kleinste bepflanzte Parkanlage in Wien hübscher aus. Und vom Schloss war noch immer nichts zu sehen! Als wir dann am unteren Ende des Gartens ankamen, trafen wir auf eine Absperrung, die das, was dahinter lag, irgendwie abzuschirmen versuchte. Ich suchte eine Stelle, um hindurchzusehen und fand sie auch. Was auf der anderen Seite lag? Angeblich ein Schloss. Was aber tatsächlich zu sehen war, war ein riesiges Baugerüst, welches das, was dahinter lag, nahezu vollständig umgab. No way, IRGENDWAS von dem Schloss selbst zu sehen! Und selbst wenn – die Art, wie der Garten angelegt war, hätte es nicht zugelassen, das Schloss in seiner Gesamtheit vor die Linse zu bekommen. Und jene Stellen, wo das möglich gewesen wäre, waren abgesperrt. Das ganze Marketing um dieses angeblich so imposante Schloss war ein einziger Witz. Nach einer kurzen Google Recherche erfuhren wir dann, dass das Schloss erst Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut worden war und damit keinerlei mit anderen Schlössern vergleichbaren historischen Hintergrund besaß. Hätten wir das vorher gewusst, wären wir vielleicht bereits vor dem Touristenzentrum umgekehrt. Mein dringender Ratschlag an alle FotografInnen lautet jedenfalls – never ever visit Castle Drogo!!

Dartmoor Nationalpark

Zuerst konnten wir es nicht fassen… mit einem Blick auf die Uhr kehrten wir dann aber enttäuscht und verärgert um. Der Eintritt war für die Katz, jetzt wollten wir wenigsten nicht noch mehr Zeit vergeuden. Wir kehrten schleunigst zum Auto zurück und reisten weiter in den Nationalpark hinein. Die Wetterlage hatte sich zwar immer noch nicht gebessert, stückweise fuhren wir durch richtigen „Schnürlregen“. Doch irgendwie passte das Wetter, diese englische Atmosphäre zur Landschaft. Nach einer geschätzten halben Stunde Fahrt fanden wir uns inmitten einer weitläufigen Hügellandschaft wieder, die nur von der Straße durchzogen war, auf der wir fuhren.

Shooting in Action – Tipps und Tricks rund um Fotografie und Bildbearbeitung auf Einstellungssache. Teil 4 der Serie "Mit der Kamera entlang Englands Südküste" Credit: Michael W. Mürling

Eine einzige Straße durchzieht den Dartmoor Nationalpark in diesem Bereich. Für die Aufnahme lag die Kamera direkt auf der Straße. Einstellungen: f/11 | 1/100 Sek. | ISO 100

Wir hielten immer wieder für einige Fotos. Die Stimmung hatte etwas extrem beruhigendes an sich. Die ganze Region wirkte auf mich wie eine Mischung aus Almlandschaft und schottischer Highlands.

Shooting in Action – Tipps und Tricks rund um Fotografie und Bildbearbeitung auf Einstellungssache. Teil 4 der Serie "Mit der Kamera entlang Englands Südküste" Credit: Michael W. Mürling

Endlose Graslandschaften, eine absolut beruhigende Atmosphäre. Einstellungen: f/11 | 1/40 Sek. | ISO 100

Immer wieder kamen wir an Schafherden vorbei. Und immer wieder trafen wir, wie bereits im New Forest Nationalpark auf freilaufende Pferde. In mehreren Gruppen liefen sie in der endlosen Graslandschaft herum.

Shooting in Action – Tipps und Tricks rund um Fotografie und Bildbearbeitung auf Einstellungssache. Teil 4 der Serie "Mit der Kamera entlang Englands Südküste" Credit: Michael W. Mürling

Objektiv: EF 70-200mm f/2.8 IS II USM; Einstellungen: f/4 | 1/2500 Sek. | ISO 200 | Objektiv ausgefahren auf 200mm

Die jüngeren Pferde jagten sich gegenseitig. Man hatte das Gefühl, dass sie miteinander spielten, ja teilweise um die Wette liefen. Hier bot sich die ideale Gelegenheit, um unsere Teleobjektive einzusetzen, darunter das schnelle EF 70-200mm f/2.8 IS II USM von Canon, mit dem das Fotografieren vor allem in so einer Situation extrem viel Spaß macht. 🙂

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Einstellungen: f/4 | 1/320 Sek. | ISO 100 | Objektiv ausgefahren auf 160mm

Steinbrücke aus dem Mittelalter

Unsere letzte Station im Dartmoor Nationalpark galt dem Ort Postbridge. An diesem Ort, gibt es eine sogenannte Clapper Bridge, eine uralte Steinplattenbrücke aus dem 13. Jahrhundert. Die ist noch immer so gut erhalten, dass man einfach so drüber gehen darf, es gibt keinerlei Absperrung. Wie der Name sagt, besteht die Brücke aus Steinplatten, die jeweils bis zu acht Tonnen schwer und damit extrem robust sind.

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Steinplattenbrücke aus dem 13. Jahrhundert. Objektiv: EF-S 17-55mm f/2,8 IS USM von Canon. Einstellungen: f/5 | 1/125 Sek. | ISO 100

Die Brücke steht gleich neben einer weiteren Brücke, die in den 1780ern erbaut wurde und sogar bis heute befahren ist. Mir persönlich gefiel die jüngere Brücke mit den Steinbögen sehr gut. Ich setzte die Kamera auf ein Stativ und positionierte sie auf der älteren Steinplattenbrücke gegenüber. Ich genoss das großartige Gefühl, auf einer Brücke aus dem 13. Jahrhundert zu liegen und zu fotografieren! An einer Stelle, wo die Menschen vor vielen Jahrhunderten, im Mittelalter, mit ihren Pferden den Fluss überquerten. 🙂 Da ich eine Langzeitbelichtung machen wollte, um einen schönen klaren Fluß im Ergebnisbild zu erhalten, schraubte ich vor das Objekt einen Neutral Density (ND) Filter.

Shooting in Action – Tipps und Tricks rund um Fotografie und Bildbearbeitung auf Einstellungssache. Teil 4 der Serie "Mit der Kamera entlang Englands Südküste" Credit: Michael W. Mürling

Einstellungen: f/11 | 10 Sek. | ISO 200

Das Wetter hatte sich mittlerweile etwas gebessert. Wir kehrten zu unserem Mietwagen zurück und setzten unsere Route fort, die uns jetzt wieder direkt an die Küste führte. Unsere letzte Vermieterin hatte uns auch den Tipp gegeben, uns das ein oder andere Fischerdörfchen anzusehen. Diese Orte sind oft wirklich idyllisch und wir entschlossen uns kurzerhand, uns eines dieser Dörfer auch für die nächste Übernachtung auszusuchen.

Die Fischerdörfer Polperro und Cadgwith Cove

Für unsere nächste Übernachtung fiel unsere Wahl auf das Fischerdorf Cadgwith Cove. Wieder buchten wir unkompliziert mittels der LateRooms.com App unsere nächste Unterkunft. Auf dem Weg dorthin statteten wir jedoch noch einem anderen Fischerdorf namens Polperro einen Besuch ab. Wir parkten auf einem Parkplatz am Randes des Dorfes und schlenderten dann durch das Dorf direkt hinunter in einen kleinen malerischen Fischerhafen, der dicht von vielen netten Häusern umgeben ist.

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Einstellungen: f/8 | 1/250 Sek. | ISO 100

Als wir eintrafen, lag der Hafen überwiegend trocken, da der Gezeitenunterschied in Polperro bis zu 3,5 Meter ausmacht. Daher stehen bei Ebbe viele Boote auf Grund, was dem Hafen einen besonderen Ausdruck verleiht.

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Einstellungen: f/8 | 1/250 Sek. | ISO 200

Der Hafen mündet in eine kleine Bucht mit einem Fischerhaus und einer Höhle, die direkt vom Strand aus zugänglich ist. Bei Flut aber liegt sie unter Wasser. Dessen sollte man sich bewusst sein, möchte man die Höhle erforschen.

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Haus am Gestade. Einstellungen: f/8 | 1/160 Sek. | ISO 100

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Der Eingang dieser Höhle liegt bei Flut unter Wasser. Einstellungen: f/8 | 1/640 Sek. | ISO 800 Der hohe ISO kam daher, dass ich mich vorher in der Höhle befand und ein paar Fotos ausprobierte. Nachher hatte ich vergessen, den ISO wieder runterzuschrauben.

Nachdem wir uns am Strand etwas umgesehen hatten, kehrten wir wieder um und marschierten die Straße durch Polperro retour zu unserem Wagen. Übrigens, im Nachhinein erfuhr ich, dass der österreichischen Maler und Schriftsteller Oskar Kokoschka während des zweiten Weltkriegs in Polperro lebte. Das Dorf ist wirklich ein perfekter Rückzugsort.

Shooting in Action – Tipps und Tricks rund um Fotografie und Bildbearbeitung auf Einstellungssache. Teil 4 der Serie "Mit der Kamera entlang Englands Südküste" Credit: Michael W. Mürling

Eines der interessanten Häuser des Dorfes am Rückweg. Einstellungen: f/8 | 1/50 Sek. | ISO 100

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Der Kamin im Cadgwith Cove Inn. Auf der Tafel steht das wöchentliche Abendprogramm geschrieben. (iPhone Shot in dem sehr schummrigen bzw. lichtarmen Raum, Zoom-Crop und nachbearbeitet mit der App Photoshop Express)

Das letztes Ziel des Tages war Cadgwith Cove. Mit unserer Unterkunft – dem Cadgwith Cove Inn – entdeckten wir etwas ganz Besonderes. Wir hatten unser Zimmer in der einzigen Bar des Dorfes, die gleichzeitig als Restaurant und Hotel fungiert, gebucht. Damit stellt dieser Ort den allabendlichen Sammelpunkt der gesamten ortsansäßigen Gesellschaft dar! Was kann einem besseres passieren, als mitten unter Einheimischen zu sitzen? Darüber hinaus hätten wir keinen besseren Abend treffen können, denn an diesem Tag fand die wöchentliche Quiz-Night statt! 🙂 Punktlandung! Das ganze Dorf schien sich in den Räumlichkeiten versammelt zu haben. Einer der Barmänner saß in der Mitte eines der Räume und verlas laut eine Frage nach der anderen. Die Antworten wurden von den Anwesenden jedesmal auf zuvor ausgeteilten Blättern unter lautem Beratschlagen notiert. Während wir jeweils unsere Surf & Turf Menüs genossen, versuchten wir ebenfalls, die ein oder andere Frage zu beantworten – die wirklich sorgfältig auswählt waren, mit teils sehr interessantem historischen Hintergrund. Es war der perfekte Abend… 🙂

Shooting in Action – Tipps und Tricks rund um Fotografie und Bildbearbeitung auf Einstellungssache. Teil 4 der Serie "Mit der Kamera entlang Englands Südküste" Credit: Michael W. Mürling

Unsere Unterkunft und ein absoluter Geheimtipp! Einstellungen: f/8 | 1/800 Sek. | ISO 100

Die folgende Nacht hatte es in sich. Es herrschte ein starker Sturm und der Platzregen trommelte an unsere Fenster. Man hatte das Gefühl, als befände man sich draußen auf See. Das Zimmer war jedoch sehr gemütlich eingerichtet und wir konnten uns daher trotzdem sehr gut von den Strapazen des langen und ereignisreichen Tages erholen.


Im nächsten Beitrag sehen wir uns das Fischerdorf Cadgwith Cove etwas genauer an – ein wirklich traumhafter Ort! Und danach geht es weiter, über eine entspannte Mittagspause am Strand von Port Beach bis hin zum nächsten Fotografen Mekka – dem berühmten Lizard Point!


Alle bisherigen Beiträge der Serie „Mit der Kamera entlang Englands Südküste“ findet ihr hier.


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